Hier noch ein kleiner Eindruck aus den Ferien: In einer kleinen lutherischen Dorfkirche in Schleswig-Holstein ist ein prominenter Stelle ein Möbel aufgestellt. Man fragt sich, was für ein seltsames Gehäuse mit Gardinen denn da im Chorraum steht, tritt näher, und liest die Inschrift: "ICH BEKENNE DIR HERR MEINE SÜNDE UND VERHELE MEINE MISSETHAT NICHT. PSALM 32 V. 5. GEHE HIN MEIN SOHN ODER TOCHTER. DEINE SÜNDE SIND DIR VERGEBEN. MATH 9 V 2."
Ach so. Ein Beichtstuhl. Links und rechts vom Altar mit dem schönen, barock eingefassten Retabel, auf dem zahlreiche Heilige zu sehen sind, stehen dann auch noch Kniebänke für den Empfang von Kelch und Hostie.
Das historische Kirchengebäude veranschaulich eine bemerkenswerte Tatsache. Luther war zwar überzeugt, dass Gottes Vergebung nicht vom Amt des Geistlichen abhängig war, er schätzte und empfahl aber trotzdem die Einzelbeichte, weil sie dem Sünder die Erfahrung der Befreiung und der Freude am Evangelium spüren lässt. Luther war außerdem, auch wenn er die Transsubstantiationslehre ablehnte, Vertreter eines "sakramentalen Realismus" - anders als andere Reformatoren. Ehrfurchtsgesten vor der Eucharistie waren für ihn selbstverständlich. So empfahl er, die Kommunion kniend und in den Mund zu empfangen.
Die verpflichtende Einzelbeichte vor dem Empfang des Abendmahls kam in der lutherischen Kirche erst im Laufe des 18. Jahrhunderts langsam außer Gebrauch. Der Kirchenhistoriker Jörg Lauster schreibt: "Das 18. Jahrhundert zog auf dem Feld der Liturgie größere Umwälzungen nach sich als die Reformation."
Was bedeutet das für die Ökumene?