Mittwoch, 25. April 2018

Kirchenleute gegen Kreuze

In hoc signo vinces.
Das ist schon kurios. Die bayrisches Staatsregierung unter Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beschließt, dass hinfort in allen Dienststellen des Freistaats Bayern Kreuze aufgehängt werden sollen, und Kritik kommt von... Kirchenvertretern. Der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose schreibt in einem "offenen Brief" auf Facebook:
"Viele empfinden es zunehmend als eine Provokation und als Heuchelei, wie Sie über das Christentum öffentlich reden. In unserer Wahrnehmung wird das Christentum zunehmend von Ihnen dazu missbraucht, um die Ausgrenzung von Menschen anderen Glaubens zu betreiben. Über diese Entwicklung bin ich gemeinsam mit vielen anderen sehr besorgt. Ich bitte Sie eindringlich: Beenden Sie den Missbrauch des Christlichen und seiner Symbole als vermeintliches Bollwerk gegen den Islam."
 Der Bochumer Theologieprofessor Georg Essen ließ über Twitter wissen:
"Ich sage das jetzt mal als gläubiger Katholik und Theologe mit Kreuz im Arbeitszimmer: Für mich ist diese politische Instrumentalisierung durch Söder Blasphemie, theologisch eine Häresie und verfassungsrechtlich nur schwer erträglich."
Und der katholische Autor Andreas Püttmann teilte über den Kurznachrichtendienst mit:
"Ich freue mich über jedes Kreuz im öffentlichen Raum, als Botschaft selbstloser Liebe, höherer Gerechtigkeit, Leid und Tod überwindender Hoffnung, als Vermächtnis von Generationen. Als trotzig installierter Identitätsmarker, Kampfansage und Wahlkampfgag verliert es all das."
Laut der Staatsregierung ist das Kreuz "sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland". Söder bezeichnete es als "grundlegende Symbol der kulturellen Identität christlich-abendländischer Prägung". Es verstoße darum nicht gegen das Neutralitätsgebot.
Aufgrund dieser Aussagen heißt es nun, der Ministerpräsident instrumentalisiere das Kreuz, er missbrauche es gar als Signal von "Ausgrenzung". Das kann man ja so sehen. Aber trotzdem ist es doch merkwürdig, wenn Kirchenleute jetzt gegen mehr Kreuze in der Öffentlichkeit kämpfen.
Das Problem ist, dass die Kritiker selbst Gefahr laufen, das Kreuz politisch zu instrumentalisieren. Denn implizit sprechen sie den Politikern der CSU das Christsein ab. Der Subtext lautet: "Söder und die CSU stehen nicht für das, was wir unter Christentum verstehen, deswegen sind sie unglaubwürdig und haben kein Recht, sich auf das Kreuz zu beziehen. Das darf nur, wer unseren politischen Standpunkt vertritt." Pfarrer Hose ist übrigens Mitglied bei den Grünen.
Selbst, wenn man der begründeten Meinung ist, die CSU interpretiere das "C" irgendwie falsch, und man sich für eine andere Deutung des Christlichen stark macht, sollte man doch anerkennen, dass es nicht trivial ist, Christentum in Politik zu übersetzen und dass man da zu unterschiedlichen Schlüssen kommen kann.
Selbstverständlich ist das Kreuz für Christen viel mehr, als der Ausdruck einer kulturellen Identität und Bekenntnis zu Grundwerten. Es ist dies aber auch. Auch wer kein Christ ist, kann darin das Signal sehen, dass der Staat sich selbst nicht absolut setzt, indem er anerkennt, dass es über ihm Höheres und Unverfügbares gibt. Und er kann in ihm eine Information darüber erkennen, wovon Kultur, Gesellschaft und Staat hierzulande geprägt sind.
Kann man als Kirchenmensch wirklich gegen das Aufhängen von Kreuzen sein, nur weil die Initiative dafür von Markus Söder kommt? Was meinen Sie?

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